Japan – die Königsklasse für
deutsche Unternehmer ist ein beliebtes Zielland für Exportaktivitäten. „Made in
Germany“ hat in Japan einen hohen Stellenwert, doch der Markteintritt bietet
vielerlei Herausforderungen wie kulturelle Unterschiede, Auswahl der geeigneten
Geschäftspartner, Kenntnisse über den Wettbewerb sowie eine perfekte Produktpräsentation
und Service.
„Zoll.Export“ führte ein Gespräch mit Ursula Gurda, selbstständige
Exportberaterin mit mehr als 30-jähriger Tätigkeit in japanischen Unternehmen,
zuletzt als Vertriebsleiterin Export Sales.
Frau Gurda, wie unterscheidet sich der deutsche Markt vom japanischen
Markt?
Was sind die größten Hindernisse für deutsche Unternehmer?
Obwohl die Weltwirtschaftskrise
und der Reaktorunfall Japan hart getroffen haben, ist Japan der attraktivste
Markt in Asien und das Tor zu anderen asiatischen Märkten. Das Geschäfts- und Kommunikationsverhalten
der Japaner ist immer noch streng an die Historie gebunden. Rangordnungen,
Respekt und langwierige Entscheidungsfindungen stellen uns Europäer auf eine
harte Probe und hier hilft nur langer Atem und Geduld. Die größten Hindernisse
für deutsche Unternehmer sind mangelnde Kenntnisse der Märkte und der
kulturellen Unterschiede, die häufig einen Markteintritt verhindern.
Für welche Produkte bestehen Chancen, erfolgreiche Exporte nach Japan
zu tätigen?
Bei den deutschen Exporten
dominierten im Jahr 2010 Kfz und Kfz-Teile mit 24,9 % gefolgt von chemischen
Erzeugnissen ebenfalls mit 24,9 %. Die Exporte von Maschinen mit 13,8 %, Mess-
und Regeltechnik mit 8,2 %, Elektrotechnik mit 7,7 % und Elektronik mit 3,1 %
sind weitere erfolgreiche Sparten. Bis zu 12 % des deutschen Exports nach Japan
erfolgen im Rahmen von Zulieferbeziehungen. Nach dem Reaktorunfall in Fukushima
haben sich natürlich auch neue Märkte für Windkraft und Solartechniken ergeben.
Der Konsumgüterbereich ist in Japan auch noch unterrepräsentiert und für
deutsche Exporteure sicher interessant.
Gibt es Fördermöglichkeiten für das exportorientierte deutsche Gewerbe?
Die KfW (Kreditanstalt für
Wiederaufbau) fördert ausländische Investitionen z. B. als Unternehmerkredit.
Desweiteren bietet das KfW-Umweltförderprogramm zahlreiche Programme. Die EU,
der Bund und auch das einzelne Bundesland bieten verschiedene Förderprogramme
zur Exportunterstützung, als Messeförderung und auch Programme zur
Unterstützung von Kooperationsanbahnungen und Direktinvestitionen. Hier ist die
IHK der Ansprechpartner oder auch freie Fördermittelberater.
Wie ist die Vorgehensweise, um in Japan geeignete Geschäftspartner zu
finden?
Der Prozess der
Internationalisierung kleiner und mittlerer Unternehmen verläuft im Gegensatz
zu großen Unternehmen i. d. R. sehr individuell und oft auch eher spontan und
zufällig. Kaltakquise oder E-Mails als Geschäftsanbahnung führen in Japan nicht
zum Erfolg. Erste Kontakte sollten bei Messebesuchen oder durch die DIHK
geknüpft
werden, auch Empfehlungen von
Dritten sind sehr hilfreich. Ortsansässige Vermittler haben meistens
europäische Partner und vermitteln erfolgreich Kontakte zu potenziellen
Unternehmen. Das am häufigsten genutzte Geschäftsmodell ist die Vermarktung
mittels eines örtlichen Vertreters (Distributor) mit leistungsfähigem
Vertriebsnetz. Es ist auch die beste Methode, erste Erfahrungen im
Japangeschäft zu sammeln.
Was ist die größte Herausforderung für deutsche Unternehmen in Japan?
Ganz entscheidend für den Erfolg
sind die Wahl des richtigen Handelspartners und der Umgang mit den kulturellen
Unterschieden, um einen erfolgreichen Markteintritt zu gewährleisten. Es gibt
einen intensiven Wettbewerb, und der japanische Käufer stellt höchste Ansprüche
an Qualität und Service. „Made in Germany“ und die deutsche
Unternehmermentalität sind ein entscheidender Vorteil gegenüber anderen
ausländischen Anbietern. Staatliche Institute, Wirtschaftsverbände, orts-ansässige
deutsche Rechtsanwälte, Banken und unabhängige Wirtschaftsberater können
hierbei hilfreich unterstützen.
Wodurch unterscheidet sich das Geschäfts- und Kommunikationsverhalten
in Japan gegenüber dem unseres Landes?
Japan ist aus deutscher Sicht
wohl am schwierigsten zu verstehen. Emotionen werden nicht offen gezeigt, und
es gilt eine strikte Etikette. Respekt, Höflichkeit, ruhige Sprechweise werden
bevorzugt. Schon das erste Zusammentreffen, das Begrüßungsritual, die Übergabe
der Visitenkarte (mit beiden Händen), kann zu Verwirrungen führen. Hier ist
Zurückhaltung sehr gefragt. Ein Gastgeschenk als Wertschätzung sollte
vorbereitet sein. Gerne gesehen sind Geschenke aus Deutschland, die weltweit
bekannt sind. Verhandlungen werden stets im Team geführt und negative Emotionen
werden nicht gezeigt. Der positive Gesichtsausdruck und das zustimmende Nicken bedeuten
nicht, dass man mit dem Gesagten einverstanden ist, sondern nur, dass man
versteht. Die potenziellen japanischen Geschäftspartner sind sehr gut
vorbereitet und werden sicherlich ausführliche Präsentationen zur Hand haben.
Der Gesprächsablauf wird mittels einer Agenda festgelegt; hier sollte man vorab
um eine Kopie bitten, das erleichtert die Vorbereitung. In Verhandlungen mit
Japanern, wird meistens nur eine Person die Kommunikation leiten, die anderen
Anwesenden werden nur Notizen machen.
Wie ist der typische
Ablauf einer Gesprächsverhandlung aus Ihrer Erfahrung?
Deutsche Geschäftsleute, die mit
japanischen Firmen in Verhandlung treten, die noch keine Importerfahrung haben,
sollten sich einen Dolmetscher zu Hilfe nehmen. Einfacher ist natürlich die
Kommunikation auf Englisch. Geschäftskleidung, elegant und konservativ sollte
obligatorisch sein. Schon das Bekanntmachen und die Übergabe der Visitenkarten
ist eine kleine Zeremonie. Visitenkarten sollten auf der Rückseite auf
Japanisch geschrieben sein. Die Visitenkarte legt man dann im Gespräch
ordentlich vor sich auf den Tisch. Eine Agenda wird vorbereitet sein. Bevor man
in die geschäftlichen Verhandlungen einsteigt, gibt es eine Konversation über
höfliche allgemeine Themen. Die eigentlichen Verhandlungen werden für Europäer
schnell zu einer Geduldsprobe, da spontan keine Entscheidungen gefällt werden.
Es werden zahlreiche Gespräche notwendig sein, bis das Ziel erreicht ist. Im
Allgemeinen sind Verhandlungen in Japan zäh und langatmig und für Europäer nur
sehr schwer nachvollziehbar. Hier ist Geduld angesagt. Sind die Verhandlungen
schon konkreter, wird der japanische Geschäftsmann gerne zum Abendessen
einladen.
Und was kommt danach?
Wenn der lange Abstimmungsprozess
beendet ist, die Verträge unter Dach und Fach sind, sollte der eigentliche
Export vorbereitet werden. Die Exportformalitäten mit Japan sind grundsätzlich
unkompliziert. Information gibt es z. B. beim Japan Desk der IHK Düsseldorf.
Bei der Wahl des Spediteurs rate ich, ein Unternehmen zu wählen, das über eine
japanische Niederlassung verfügt; so ist eine schnelle und reibungslose
Abwicklung gewährleistet. Als Standard-Exportpapiere sind notwendig: Rechnung,
Bill of Lading/AWB, Ursprungszeugnis, Packliste sowie die Versicherungs-police.
Selbstverständlich ist auf die Einhaltung von Normen und Standards zu achten,
welche die auf dem japanischen Markt vertriebenen Produkte erfüllen müssen.
Raten Sie deutschen Unternehmen, diesen doch scheinbar schwierigen Weg zu
gehen?
Für Unternehmen, die ernsthaft
den asiatischen respektive japanischen Markt erobern wollen, ist es eine große
Herausforderung sich diesen kulturellen und marktspezifischen Herausforderungen
zu stellen. Intensiver Wettbewerb und hohes Anspruchsdenken der Käufer kommt
noch hinzu. Diese Hürden können aber auch ein Gewinn für die eigene
Unternehmenskultur sein und es ist nicht von Nachteil sich die scheinbar
komplizierte Geschäftsabwicklung der Japaner zu eigen zu machen. Es sieht
kompliziert aus – ist aber ganz einfach.
Interview geführt durch: Kristin Merkle
Ursula Gurda ist als selbstständige Exportberaterin tätig und
blickt auf eine 30-jährige Exporttätigkeit in japanischen Unternehmen zurück,
zuletzt als Vertriebsleiterin Export Sales. Heute unterstützt sie deutsche und
ausländische Unternehmen auf dem Weg in internationale Märkte.